Zu allererst sollten wir einmal festhalten, das die meisten Unterschiede zwischen den Kampfstilen rein künstlicher Natur sind! Die Ausführung von Kampftechniken (Schläge, Tritte, Würfe, Hebel, usw.) sind an anatomische Gegebenheiten und physikalische Gesetze gebunden und der Erfolg hängt ganz bestimmt nicht davon ab, ob man der Technik einen chinesischen, koreanischen, japanischen, englischen oder deutschen Namen gibt. Allerdings gibt es Kampfstile bzw. Schulen, die sich auf bestimmte Bereiche des Kampfes (z. B. Bodenkampf oder Schlag- und Tritttechniken) spezialisiert haben.
Ein kurzer Überblick über die Geschichte des Kampfsports:
Europa
Seit jeher gab es auf der ganzen Welt das Bestreben der Menschen, sich gegen die Umwelt, Überfälle von anderen Menschen und in Kriegshandlungen erfolgreich zur Wehr setzen zu können, welches in den letzten Jahrhunderten, besonders in der Ausbildung von Kriegern, in formalisierten Formen stattfand.
648 v. Chr. war das griechische Pankration olympische Disziplin. Pankration kommt dem heutigen Mixed Martial Arts (MMA) nahe, war jedoch wesentlich brutaler und nicht mit den heutigen Wettkämpfen zu vergleichen. Man nimmt an, dass sich Pankration mit dem Feldzug Alexander des Großen bis nach Indien ausbreitete und im Schlepptau, mit der Verbreitung des Buddhismus von Indien nach China, die Grundlage für die Kampfkunst der Shaolin-Mönche (Kung Fu) ist, welche wiederum die Wurzel dessen ist, was heute Karate bzw. Taekwondo genannt wird.
1512 n. Chr. illustriert Albrecht Dürer und 1539 n. Chr. Fabian von Auerswald die deutsche Kunst des Fechtens, Ringens sowie des Kampfes mit Fäusten und Füßen.
Die Wurzeln des französischen Savate-Boxe Francaise finden sich im 17. Jahrhundert n. Chr..
Asien
In den verschiedenen asiatischen Ländern, war es eher üblich, hervorzuheben, dass es sich um einen waffenlosen Kampf handelt, als sich über einen Namen des Kampfsystems und ob damit Unterschiede zu anderen Kampfsystemen einhergehen, zu beschäftigen. Als Synonym wurde immer die Hand gewählt, auch wenn es sich um einen kombinierten Kampf mit Händen und Füssen handelte, was auch Würfe, Hebel und Würgetechniken mit einschloss.
China: Chuan Fa bedeutet soviel wie China-Hand (bzw. –Faust). Im heutigen China wird der Begriff Wushu verwendet, was Kampfkunst bedeutet. Im Westen wird fälschlicherweise oft der Name Kung Fu verwendet, welcher in den 1960- und 70-er Jahren durch den Schauspieler und Kampfsport-Idol Bruce Lee geprägt wurde und „hart arbeiten“ bedeutet.
Japan: Kara Te (=Karate) wurde auf der Japan vorgelagerten Insel Okinawa To Te (oder Tôde) genannt und bedeutete ursprünglich China-Hand. 1935 wurde durch Gichin Funakoshi die Schreibweise der Silbe „Kara“ in der Weise verändert, das sie bei gleicher Aussprache „leer“ bedeutet. In der Übersetzung mit dieser neuen Schreibweise bedeutet Karate „leere Hand“.
Korea: Soo Bakh (oder Subak) bedeutet Handkampf. Hwang Kee nahm in den 1930-er Jahren diesen zur Grundlage, erweiterte ihn um Elemente des japanischen Karate, insbesondere der Formen (Kata) und verbreitete es nach dem zweiten Weltkrieg unter dem Namen Tang Soo Do, was China-Hand bedeutet. Zwischen 1955 und 1965 wurden die koreanischen Kampfkünste in Taekwondo (Fuß-Faust-Weg) umbenannt.
1609 n. Chr. besetzte Japan die Okinawa-Inseln. Allen Bewohnern wurde der Besitz von Waffen verboten, während die japanische Krieger-Kaste (Samurai) das Recht der Schwertprobe besaß, dem zu Folge sie die Schärfe ihrer Schwertklinge an Leichen, Verwundeten oder auch willkürlich an einem Bauern erproben konnten, was auch vorkam.
Die Annexion der Waffen führte somit zu einer gesteigerten Notwendigkeit zur Selbstverteidigung. Deshalb entwickelte sich die Maxime möglichst nicht getroffen zu werden und gleichzeitig die wenigen Gelegenheiten, die sich boten, zu nutzen, den Gegner mit einem einzigen Schlag zu töten oder kampfunfähig zu machen. Die Grundidee des "einen Treffers" findet sich heute in sportlicher Weise im Semikontaktkampf / Point-Fighting wieder.
Weil die Kunst des Schreibens in der Bevölkerung damals kaum verbreitet war, und man aus Geheimhaltungsgründen dazu gezwungen war, wurden keinerlei schriftliche Aufzeichnungen angefertigt. Zu diesem Zweck bündelten die Meister die zu lehrenden Kampftechniken in didaktischen zusammenhängenden Einheiten zu festgelegten Abläufen oder Formen. Diese genau vorgegebenen Abläufe werden als Kata (Hyong, Kuen, usw.) bzw. im heutigen sportlichen Wettkampf als (z.B. Freestyle-Music-) Form bezeichnet. Um dem Geheimhaltungszweck Rechnung zu tragen, mussten diese Abläufe vor Nicht-Eingeweihten "chiffriert" werden. Dabei bediente man sich als Chiffrierungscode den traditionellen Stammestänzen, die den systematischen Aufbau der Kata beeinflussten.
Eine ähnliche Entwicklung gab es bei den, nach Südamerika verschleppten, afrikanischen Sklaven, die ihr Kampftraining auch in einem Tanz versteckten: Capoeira.
1902 n. Chr. wurde Kampfsport auf Okinawa offiziell Schulsport. Für den Lehrplan wurden einfache und grundlegende Kata entwickelt, aus denen Taktik und Methodik des Kämpfens weitgehend entfernt und gesundheitliche Aspekte wie Haltung, Beweglichkeit, Gelenkigkeit, Atmung, Spannung und Entspannung in den Vordergrund gestellt wurden. 1922 wurde dieser Kampfsport in Japan vorgestellt und erfuhr 1935 (siehe oben) seine Namensgebung in "Leere Hand": Karate.
1909 n. Chr. besetzte Japan Korea. Allen Bewohnern wurde das Kampftraining verboten. Viele Koreaner wurden jedoch dazu gezwungen, in das japanische Militär einzutreten oder reisten aus anderen Gründen nach Japan, wo einige von ihnen Karate erlernten. 1945, mit dem Ende des zweiten Weltkrieges und der Befreiung Koreas, waren die Namen koreanisches Karate oder Tang Soo Doüblich. Zwischen 1955 und 1965 fand die Namensfindung in Taekwondo statt.
Europa und USA
Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs, besonders ab den 1950-er Jahren wurde der asiatische Kampfsport durch emigrierte Asiaten in der westlichen Welt verbreitet. Anfänglich wurden die verschiedenen Kampfsportarten unter dem Namen Karate zusammengefasst. Später kamen weitere Unterscheidungen in Taekwondo, Kung Fu usw. hinzu (siehe oben).
Nicht alle, aber leider sehr viele der sogenannten Großmeister entwickelten im Laufe der Zeit eine nahezu maßlose Arroganz und Selbstherrlichkeit, kanzelten ihre Schüler/innen von anderen Systemen ab, verboten ihnen bei anderen Kampfsportlehrern und andere Kampfmethoden zu üben und bezeichneten ihr Kampfsystem als die einzige, wahre hohe Kunst mit dem Nimbus tödlicher Techniken und dem Anstrich geheimnisvoller Kenntnisse, die allen Anhängern eine Überlegenheit vermitteln würde, von denen kein Mensch nur träumen kann. Die Verlogenheit, Intrigen und Ausbeuterei hatten in diesen Jahren zu großen Enttäuschungen geführt, die besonders bei den freiheitsliebenden Menschen der westlichen Welt in Europa und den USA kaum wieder gutzumachen waren.
1974 realisierten die Gründer des Weltverbandes für alle Kampfsportsysteme WAKO Mike Anderson, Georg F. Brückner und andere die Idee des kurz vorher verstorbenen Bruce Lee (1973), dem legendären Superstar der Kampfsport- und Filmgeschichte, der die Zukunft der Kampfsysteme nicht weiter in den Auffassungen philosophischer Weisheiten sah, sondern traditionelle fernöstliche Kampfmethoden wie Karate, Taekwondo, Kung Fu usw., zu einem sportlichen Wettkampf mit einheitlichen Regeln zu machen, gegen andere Kampfsysteme anzutreten und von einander zu lernen.
Diese Idee wurde natürlich von vielen Lehrern der „alten Kampfstile“ nicht nur skeptisch betrachtet, sondern von der großen Mehrheit kategorisch abgelehnt. Viele sahen darin den Untergang der traditionellen Systeme, die Verwässerung der sauberen Technik, die Vergewaltigung der geistigen Überlieferung. Dass die sogenannten traditionellen Stile damals nicht Jahrhunderte, sondern auch erst wenige Jahrzehnte alt waren (Karate: 1935-1942, Taekwondo: 1955-1965, Kung Fu: 1970-er Jahre) und erst nach dem 2. Weltkrieg in die USA und Ende der 1950er Jahre nach Europa kamen, waren keine Argumente.
Aber der Weg, weg von der Theorie weltfremder Philosophien zur Praxis, zur Wirklichkeit, war nicht mehr aufzuhalten. Denn eine Theorie, die in der Praxis nicht funktioniert, ist nur ein künstliches Gebilde.
Diese "neue" Kampfsportart wurde anfänglich Sportkarate, All-Style-Karate oder Contact-Karate genannt und hat sich inzwischen unter dem Namen Kickboxen weltweit, auch in Asien, durchgesetzt.
Heute lernen die Schüler/innen in den Vereinen und Schulen, die von verantwortungsbewußten Lehrer unterrichtet werden, eine sehr effektive Form der Selbstverteidigung und einen modernen Wettkampfsport, welcher hohes technisches Können, gute Kondition, taktische Intelligenz, hohe moralische Qualifikation, gute Beweglichkeit und einen starken Willen fördert.
Der Mythos den manche asiatischen Kampfsysteme pflegen, sie seien die "Erfinder" des Faust- und Fußkampfes, bestimmter Hebel oder Würfe, ist sicher leicht zu widerlegen. Allerdings ist es ohne Zweifel der Verdienst der Asiaten, das dieser Kampfsport in der heutigen Form gepflegt, entwickelt und in der ganzen Welt verbreitet wurde.
Ob in den Vereinen bzw. Schulen nun der "neue" Name Kickboxen oder einer der "alten" Namen Karate, Taekwondo, Kung Fu, usw. verwendet wird, jeder entscheidet für sich, ob er Kampfsport nur zum Spaß betreibt, um sich fit zu halten und die Gesundheit zu verbessern, die eigene Sicherheit und damit sein Selbstbewusstsein zu steigern oder sich im Wettkampf mit anderen messen möchte.
Der Wettkampfsport gliedert sich in vier Disziplinen: Freie Musikformen Semikontakt-Kampf (Point-Fighting) Leichtkontakt-Kampf (Continues) Vollkontakt-Kampf
Freie Musikformen
Bei Formen (Kata, Hyong, Kuen, Poomse, Tul, ...) handelt es sich um die stilisierte Form eines Kampfes gegen imaginäre Gegner, bei der Verteidigung, Angriffe und Gegenangriffe in festgelegter Abfolge und Ausführungsart dargeboten werden.
Hier werden kampfsportspezifische Techniken in einer Free-Style-Form mit Musik vorgeführt und der Ausdruck, die Koordination sowie die Beherrschung und der Schwierigkeitsgrad der Techniken bewertet. Die Choreographie der Form zur Musik ist von höchster Bedeutung.
Semikontakt-Kampf
Beim Semikontakt wird nach jedem erfolgreichen Treffer am Körper oder Kopf des Gegners der Kampf kurzzeitig unterbrochen und die Kämpfer begeben sich wieder in die Ausgangsstellung. Jeder Treffer wird während dieser kurzen Unterbrechung von mindestens drei Kampfrichtern bewertet. Können sich die Kampfrichter nicht mehrheitlich auf eine Bewertung einigen, gibt es keinen Punkt, denn die Techniken sollen sauber und eindeutig ausgeführt werden. Jede saubere Technik, die ein erlaubtes Ziel erreicht und mit leichtem Kontakt trifft, wird je nach Schwierigkeitsgrad mit 1 bis 3 Trefferpunkten bewertet
Leichtkontakt-Kampf
Beim Leichtkontakt wird auf Matten oder im Ring gekämpft. Das Ziel ist es, mehr Treffer als der Gegner zu erzielen. Im Gegensatz zum Semikontakt wird nicht nach jedem erzielten Treffer unterbrochen, sondern weitergekämpft. Leichtkontakt ist technisch und vor allem konditionell sehr fordernd und anspruchsvoll. Jede Runde ist durch jeden Punktrichter einzeln zu bewerten. Die Bewertungen einer Runde erfolgt nach der Anzahl der tatsächlichen Treffer. Außerdem kann nach jeder Runde ein Hilfspunkt für die bessere Technik und Taktik vergeben werden.
Vollkontakt-Kampf
Die Vollkontakt-Variante des Kickboxens wird in einem Boxring ausgetragen. Dabei kann der Kampf nicht nur über Punkte gewonnen werden, sondern auch durch K.O.. Dies kann sowohl durch einen Niederschlag des Gegners (K.O.) erfolgen, wie auch durch die Kampfunfähigkeit des Gegners (technischer K.O.). Vielfach wird von dieser Disziplin auch als sog. "Königsdisziplin" im Kickboxen gesprochen.